29.09.2019 | 12.01.2020

Bauhaus Meister Moderne
Das Bauhaus und das Kunstmuseum in der halleschen Moritzburg

Wassily Kandinsky: Abstieg, 1925, Aquarell und Tusche auf Papier, 484 x 322 mm, Kulturstiftung Sachsen-Anhalt – Kunstmuseum Moritzburg. Foto: Kulturstiftung Sachsen-Anhalt


Die große Sonderausstellung 2019 vereint mehr als 100 hochkarätige Meisterwerke aus internationalen Sammlungen sowie den Beständen des Landeskunstmuseums. Sie ist die zentrale Kunstausstellung Sachsen-Anhalts und damit neben der geplanten Eröffnung des neuen Bauhaus Museums in Dessau einer der Höhepunkte im Jubiläumsjahr „100 Jahre Bauhaus“.

Die Schau widmet sich zum einen der Sammlungsgeschichte des Kunstmuseums in der halleschen Moritzburg durch eine Rekonstruktion der verlorenen, 1937 als „entartet“ beschlagnahmten Sammlung der Moderne. Zum anderen stehen Gemälde ausgewählter, international etablierter Bauhaus-Meister im Fokus, die zwischen 1919 und 1933 am Bauhaus in Weimar, Dessau und/oder Berlin lehrten und deren Werke sich in der Sammlung des Museum befanden bzw. noch immer befinden.

Das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale), Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt, gehörte in den Jahren der Weimarer Republik zu den bedeutendsten deutschen Museen für die damals zeitgenössische Kunst, die Kunst der heute so bezeichneten klassischen Moderne. Seine beiden prägenden Direktoren, Max Sauerlandt (1880–1934, Direktor 1908–1919) und Alois J. Schardt (1889–1955, Direktor 1926–1935) entwickelten die Sammlungen mit Blick auf die junge, zeitgenössische Kunst – Werke von Vertretern z. B. des Expressionismus, des Konstruktivismus und der Neuen Sachlichkeit. Es entstand eine einzigartige Kollektion, die das hallesche Museum zum Anziehungspunkt für zahlreiche nationale und internationale Gäste machte.

Mit „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten 1933 verkehrte sich die bis dahin renommierte Sammlung in eine Sammlung verfemter Kunst. Die genannten Künstler galten von nun an als „entartet“; ihre Werke wurden in „Schandausstellungen“ diffamiert. In Vorbereitung der Ausstellung „Entartete Kunst“ ab Juli 1937 in München verlor das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) im Sommer 1937 seine erlesene Sammlung der Moderne – eine Sammlung, die hinsichtlich der Qualität eines jeden Einzelwerkes einzigartig war. Insgesamt gingen 146 Kunstwerke verloren. 14 konnten bis heute wieder zurückerworben werden.

In der Rekonstruktion der verlorenen Sammlung des Museums werden Meisterwerke u. a. von Feininger, Heckel, Kandinsky, Kirchner, Klee, Kokoschka, Lissitzky, Marc, Nolde, Rohlfs aus internationalen Sammlungen in Deutschland, Frankreich, Dänemark, der Schweiz, Österreich, den USA und Japan zu bestaunen sein.

Neben der klassischen Inszenierung der Objekte erleben die Besucher die Qualität und Bedeutung der historischen Sammlung in einer nahezu vollständigen Virtual-Reality-Präsentation. In Kooperation mit der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, Studiengang Multimedia/VR-Design, werden in einem VR-Setting sämtliche bildlich verfügbaren Werke der Sammlung digital präsentiert – und zwar in einem einzigartigen Ambiente: dem Entwurf eines modernen Kunstmuseums für Halle auf Lehmanns Felsen hoch über der Saale, den Walter Gropius 1927 im Rahmen des kommunalen Wettbewerbs einer Stadtkrone für Halle eingereicht hat. Über eine durch den Besucher selbst steuerbare Projektion kann dieser durch das digitale Museum wandeln und die 1937 verloren gegangene historische Sammlung virtuell an einem zwar für sie konzipierten, jedoch nie realisierten Ort erleben. Damit vermittelt dieser Teil der Ausstellung nicht weniger als die Vision dessen, wofür Halle mit seinem Kunstmuseum heute stünde, hätte es die Weltwirtschaftskrise und die nationalsozialistische Diktatur nicht gegeben.

Fünf künstlermonografische Kabinette, die das Schaffen von Wassily Kandinsky, Paul Klee, Lyonel Feininger, Oskar Schlemmer und Georg Muche während ihrer Zeit als Meister am Bauhaus vorstellen, ergänzen die Ausstellung. Alle fünf Maler waren und sind mit repräsentativen Werken noch heute in der Sammlung des Museums vertreten. In den Kabinetten werden jeweils circa 5 Gemälde eines jeden Künstlers gezeigt. Wie sich ihr Schaffen in den 14 Jahren des Bestehens des Bauhauses veränderte, werden die Leihgaben aus Europa, den USA und Russland anschaulich vor Augen führen.