31.05.2015 | 16.08.2015 | Sammlung Hermann Gerlinger

Lebensraum Atelier

Kirchner, Fränzi vor Wandbehang, 1911

Ernst Ludwig Kirchner, Fränzi vor Wandbehang, 1911, Farbige Kreiden, Postkarte an Frau Maschka Mueller, Poststempel Dresden-Altstadt, 3.2.1911, Foto: Archiv Gerlinger


Das Atelier als Ursprungsort des Kunstwerkes umgibt seither ein besonderer Mythos. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts hatte dieses sich zu einem Raum mit ganz eigenem Charakter entwickelt. Es war Werkstatt sowie Treffpunkt mit Freunden und Künstlerkollegen, es diente als Ausstellungs- und Repräsentationslokalität.  

Bei den Malern der „Brücke“ wandelte sich das Atelier zum Arbeits- und Wohnraum, der mit selbst gestalteten Dekorationen und Gegenständen eine ganz eigene Atmosphäre ausstrahlte. Hier bewegten sich die Künstlerfreunde, deren Frauen und die Modelle ganz ungezwungen und wurden quasi nebenbei zum Gegenstand der Darstellung. Allerdings sind wir über die Ateliergegebenheiten der einzelnen Maler nur unzureichend informiert. Existieren zwar von den verschiedenen Ateliers Ernst Ludwig Kirchners noch einzelne Raumaufnahmen, so trifft dies auf die der anderen „Brücke“-Mitglieder kaum oder nicht zu. Vor allem die Werke – Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen und Druckgrafiken – liefern uns Informationen. Ein lebendiges, farbiges Bild erschließt sich, erzeugt durch die Menschen, die sich in den Räumen zwischen Skulpturen und zum Teil exotischen Einrichtungsgegenständen bewegen. An den Wänden die Gemälde der Künstler. Das Atelier als selbst geschaffener Lebensraum wird zum Spiegel der Arbeitswelt und der Lebensform der Künstler. Damit wird ein faszinierender und sehr authentischer Einblick in die Lebens- und Arbeitsverhältnisse der Künstler der „Brücke“ ermöglicht.

Die Besucher finden in der Ausstellung vor allem Meisterwerke der Mitbegründer der Künstlergruppe „Brücke“. Zum Beispiele die monumentale Zeichnung „Selbstbildnis mit Modell“ aus dem Jahr 1910 oder die Postkate „Fränzi vor Wandbehang“ aus dem Folgejahr, beide von Ernst Ludwig Kirchner geschaffen. Oder den herausragenden Holzschnitt „Liebespaar“ von Karl Schmidt-Rottluff aus dem Jahr 1909 wie auch das Gemälde „Kinder“ von Erich Heckel. Gleichzeitig stellt der Nachlass Erich Heckel aus Hemmenhofen bisher wenig bekannte Arbeiten auf Papier des Künstlers  für die Ausstellung zur Verfügung.