Aktuelle Neuerwerbungen


Wassily Kandinsky: Abstieg (1925)

Der Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt ist es mit maßgeblicher Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Kulturstiftung der Länder, der Saalesparkasse und des Landes Sachsen-Anhalt/Staatskanzlei und Ministerium für Kultur gelungen, für das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) ein 1937 durch die nationalsozialistische Aktion „Entartete Kunst“ aus dem Museum beschlagnahmtes Werk zurückzuerwerben. Es handelt sich um das Aquarell Abstieg (1925) von Wassily Kandinsky (1866–1944).

Das Werk wurde 1929 von Museumsdirektor Alois J. Schardt für das Museum angekauft, 1937 von den Nationalsozialisten als „entartet“ beschlagnahmt und im gleichen Jahr in der Münchner Femeausstellung diffamierend präsentiert. 1940 erwarb es der Kunsthändler Hildebrand Gurlitt, aus dessen Besitz es nach dem Zweiten Weltkrieg in den Kunsthandel gelangte und in der Folge mehrfach den Eigentümer wechselte. Der letzte private Eigentümer in Japan tat 2015 seine Verkaufsabsicht kund. Das Auktionshaus wandte sich daraufhin an das Kunstmuseum Moritz-burg Halle (Saale) und informierte über die Möglichkeit, ein Werk aus der verlorenen Sammlung der Moderne zurückerwerben zu können.

Daraufhin signalisierte die Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt mit Blick auf den besonderen Stellenwert dieses Werkes innerhalb der Museumssammlung ihr nachdrückliches Interesse, diese Arbeit zurückzuerwerben. Dies wurde möglich dank der großzügigen Unterstützung durch die Ernst von Siemens Kunststiftung, die Kulturstiftung der Länder, die Saalesparkasse und das Land Sachsen-Anhalt/Staatskanzlei und Ministerium für Kultur.

Bild:
Wassily Kandinsky: Abstieg, 1925, Aquarell und Gouache über Tusche auf Papier, 48 x 32 cm, bez. u. l. im Kreis: K / 25 | verso bez.: No 195/1925 Abstieg, Foto: Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt

Studioglas

Der Erwerb einer einzigartigen Studioglassammlung aus Privatbesitz erweitert die Glassammlung des Kunstmuseums Moritzburg in bedeutendem Maße und mit signifikanten Werken der internationalen zeitgenössischen Glaskunst. Damit gehört das Museum zu den wenigen in Deutschland, die einen exzellenten Überblick über die internationale Entwicklung der Glaskunst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geben können. Die erworbene Sammlung umfasst insgesamt 157 herausragende Werke von Künstlern aus Amerika, Japan und aus verschiedenen Ländern Europas.

Die Sammlungserweiterung wurde durch die großzügige Förderung der Ostdeutschen Sparkassenstiftung gemeinsam mit der Saalesparkasse Halle und dem Freunde und Förderer des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale) e. V. möglich.


Bild:
Harvey K. Littleton: Light Blue Extended C-Form, 1987 Barium-Pottascheglas, frei geformt, farbloses Glas mit eingelegten Farbglasfäden, Anschnitt gesägt, geschliffen und poliert. H: 24 cm, B: 44 cm, T: 13 cm, © Littleton Gallery, Foto: Kunstmuseum Moritzburg

Georg Kolbe
Nach dem Zweiten Weltkrieg schrieb die Stadt Halle (Saale) einen Wettbewerb für ein Mahnmal für die Opfer des Faschismus aus. Hierfür schuf der berühmte Bildhauer Georg Kolbe (1877-1947) in seinem letzten Lebensjahr das Gips-Modell einer zweifigurigen Gruppe.

Eine in die Knie gesunkene Gestalt wird von einer anderen haltend umfangen. Die plastische Behandlung bleibt skizzenhaft mit bewegter Oberfläche. Obwohl Kolbe den ersten Preis in diesem Wettbewerb gewann, wurde das Mahnmal nicht realisiert. Das nur in Gips ausgeführte Modell, das sich in Kolbes Nachlass befand, ließ ein kanadischer Gesandter 1957 gießen.

Der Ankauf wurde durch die großzügige Förderung der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Saalesparkasse Halle, dem Freunde und Förderer des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale) e. V. sowie privaten Spendern möglich.


Gneisenau-Porträt

Der in Großbadegast bei Köthen geborende Franz Krüger zählt zu den bedeutendsten deutschen Maler in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Besonders als Porträtmaler und Gestalter großformatiger Paradebilder erlangte er Berühmtheit.

Das Gemälde, welches zu den wichtigsten Werken im Schaffen Krügers gehört, bezeugt des Künstlers Meisterschaft als Porträtist und seine schon zu Lebzeiten gerühmte Fertigkeit als Pferdemaler.Mit großer Sicherheit ist die Komposition auf die Hauptfigur des berühmten preußischen Feldherrn und Herresreformers hin aufgebaut. Die Klarheit im Bildaufbau wird durch seine hohe Souveränität um Umgang mit der Farbe begleitet, sodass ein monumentales Werk der Erinnerung und Würdigung des Feldmarschalls Neidhardt von Gneisenau entstanden ist.

Der Ankauf wurde wurde durch die großzügige Förderung der Kulturstiftung des Länder, der Lotto-Toto GmbH Sachsen-Anhalt und des Landes Sachsen-Anhalt möglich.

Bild:
Franz Krüger (1797-1857) – August Neidhardt von Gneisenau im Kreis seiner Offiziere, (Ausschnitt), 1819, Öl auf Lwd., 108 x 88 cm, Foto: Archiv Kunstmuseum Moritzburg

Moritz Götze

Seit den 2000er Jahren setzt sich der hallesche Künstler Moritz Götze, Jahrgang 1964, in einem intensiven Prozess immer wieder mit der deutschen Geschichte, Politik und Kunst auseinander. Unter dem Schlagwort „Re:Realimsus“ beschäftigte er sich mit der zurückliegenden Kunstgeschichte des Sozialistischen Realismus in der ehemaligen DDR. Aus dieser Werkphase schenkte der Künstler dem Museum das Gemälde „Am Schaltpult (nach Willi Sitte)“ aus dem Jahr 2002, das sich Willi Sittes Gemälde "Mann am Schaltpult" von 1968 aus der Sammlung des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale) auseinandersetzt. Mit dieser Schenkung wird eine einmalige künstlerische Zwiesprache und kunsthistorische Kontextualisierung innerhalb der Sammlungen des Museums möglich.

Bild:
Moritz Götze, Am Schaltpult (nach Willi Sitte), 2002, Öl auf Leinwand, Foto: Punctum/Bertram Kober © VG Bild-Kunst, Bonn 2018


Die Stiftung Moritzburg Halle (Saale) – Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt erwarb zwei Kunstobjekte, deren museale Präsentation bisher auf der Grundlage eines bis November 2014 befristeten Nießbrauchrechtes erfolgte.

Bei den Objekten handelt es sich um eine 18 Zentimeter hohe Porträtbüste (Gips, farbig gefasst) der Hildegard von Veltheim, 1921 geschaffen von Karl Knappe, und um eine 1,18 Meter große Holzskulptur des heiligen Michael aus der Zeit um 1400 (vermutl. niederrheinisch), deren Schöpfer unbekannt ist.
Beide Kunstwerke stammen aus dem einstigen Besitz des Hans Hasso von Veltheim (1885-1956), letzter Schlossherr in Ostrau (Saalekreis), der sie im November 1945 bei seiner Flucht nach Westdeutschland dort zurückließ. Durch die Bodenreformgesetzgebung dann enteignet, befanden sie sich seitdem in der Moritzburg. Im Januar 2008 erfolgte die Eigentumsübertragung an den Nachkommen von Veltheims.
Es ist sehr zu begrüßen, dass mit dem Erwerb die weitere Präsentation der beiden Skulpturen innerhalb der Dauerausstellung im Landeskunstmuseum nun gesichert ist und eine für beide Seiten gute und gemeinsam getragene Lösung gefunden werden konnte. Zugleich verweisen die neu erworbenen Stücke auf das Wirken der Familie von Veltheim im mitteldeutschen Raum, insbesondere auf das von Hans Hasso von Veltheim im letzten Jahrhundert in Ostrau geschaffene geistig-kulturelle Zentrum.


Zu den Kunstwerken:

Porträtbüste Hildegard von Veltheim
Der Bildhauer Karl Knappe(1884–1970) gehört zu den Künstlern, deren Werke in öffentlichen Sammlungen im Rahmen der Aktion „Entartete Kunst“ beschlagnahmt und in der gleichnamigen Ausstellung gezeigt wurden. Eine seiner Arbeiten („Hagar“, 1923) ist Teil des spektakulären Berliner Skulpturenfund, der kürzlich im Kunstmuseum Moritzburg ausgestellt war. Knappe erhielt 1911 den Rompreis, wurde 1926 zum Professor ernannt und wurde 1933 von die Nationalsozialisten mit Berufsverbot belegt. Sein Werk ist stilistisch und inhaltlich vom Expressionismus geprägt. Der Bildhauer wurde nach dem Krieg Ehrenmitglied der Akademie der Bildenden Künste München und Mitglied der Bayrischen Akademie der Schönen Künste. Die angekaufte Arbeit ist die einzige Arbeit von Karl Knappe in Sachsen-Anhalt.
Die feine, in orangenen Farbtönen mit zartem Ornament bemalte kleine Büste ist ein expressionistisch stilisiertes Porträt. Durch die wissenschaftliche Bearbeitung der Plastik in der Stiftung Moritzburg konnte die Identität der Dargestellten ermittelt werden: Es handelt sich um Hildegard von Veltheim, die Gemahlin von Hans Hasso von Veltheim. Dieser lebte seit 1928 auf seinem Familienschloss in Ostrau bei Halle. Er stand mit verschiedenen Künstlern, Dichtern und Schriftstellern in freundschaftlichem Kontakt, die, wie er selbst, der Anthroposophie nahestanden. Karl Knappe kannte er wahrscheinlich aus München, wo Veltheim nach dem Ersten Weltkrieg mit Kunst handelte. Seine Kunstsammlung nahm er mit nach Ostrau, wohin er auch Künstler, Schriftsteller und Wissenschaftler einlud. Von Karl Knappe stammen möglicherweise auch die anthroposophischen Vorgaben folgenden, fünfeckigen Gedächtnisstelen für verstorbene Mitglieder der Familie Veltheim im Ostrauer Schlosspark. Als nach dem Krieg die von den Amerikanern besetzten, ostdeutschen Gebiete an die sowjetische Armee übergeben wurden, flüchtete Veltheim nach Westdeutschland und nahm einen Teil seines Kunstbesitzes mit sich. Die Kunstwerke, die er in Ostrau zurückließ, fielen unter die Gesetze der sogenannten Bodenreform.
Die Porträtbüste der Hildegard von Veltheim stellt eine wichtige Ergänzung der Sammlung expressionistischer Kunst für die Stiftung Moritzburg Halle (Saale) dar. Darüber hinaus erinnert sie an Hans Hasso von Veltheim und seine Familie, die im Land Sachsen-Anhalt gelebt und gewirkt hat.

Heiliger Michael
Die Schnitzplastik des heiligen Michael bereichert die Sammlung mittelalterlicher Skulptur der Stiftung Moritzburg Halle (Saale), die die umfangreichste Sammlung von Schnitzplastik im Land Sachsen-Anhalt ist, um ein markantes Werk. Ein vergleichbares Beispiel dieser Qualität, Größe und stilistischen Prägung ist in der Sammlung der Moritzburg und im gesamten Land Sachsen-Anhalt nicht noch einmal vorhanden.
Die relativ große, rundansichtige Skulptur des Erzengels Michael war wahrscheinlich als selbstständige Einzelfigur gearbeitet, was um 1400 noch relativ selten und erst etwa 100 Jahre später weit verbreitet ist. Michael gilt nach der Offenbarung des Johannes im Kampf gegen die gefallenen Engel als der Bezwinger des Satans. Er wird um 1500 dargestellt als  kriegerischer Kämpfer mit Rüstung und Waffen, der den sich zu seinen Füßen als Schlange oder Drachen ringelnden Satan bezwingt. Unsere Skulptur trägt ein langes, in gleichmäßigen Falten liegendes Gewand. Sie ist noch mehr der Typologie von Engelsdarstellungen als der Kriegerdarstellungen verbunden und markiert eine sehr frühe Form des später ikonografisch gewandelten Motivs. Ihre Gestaltungsweise – ein ovalrundes Gesicht, gleichmäßige runde Faltenformen des Gewandes – lässt auf eine Herkunft aus Niedersachsen schließen.
Die farbige Fassung der Figur ist nur noch in Resten erhalten, die ehemals vorhandenen Flügel und die Hände mit den Attributen – Lanze und Schwert – fehlen.
Das Werk ermöglicht es, Besonderheiten der stilistischen Entwicklung und der Figurenauffassung verschiedener Regionen im Mittelalter herauszuarbeiten und ist ein schönes Beispiel für die seltenen Einzelfiguren, die innerhalb des Ausstattungsprogrammes im Kirchenraum eine prominente Position einnahmen.
Die Holzskulptur ist Bestandteil der Dauerausstellung „Contemplatio. Religiöse Kunst aus dem Mittelalter“  in den Gotischen Gewölben.

Porträtbüste Hildegard von Veltheim, © Archiv Moritzburg
Porträtbüste Hildegard von Veltheim
Schnitzplastik des heiligen Michael, © Archiv Moritzburg
Schnitzplastik des heiligen Michael

Gustav Klimt
Weibliche Studie
Marie Henneberg, im Lehnstuhl sitzend mit Hut, 1901
Bleistift auf Papier

Das Museum hat zwei seltene Zeichnungen von Gustav Klimt aus dem Umkreis des Gemäldes Porträt Marie Henneberg (1901/02) erhalten. Das eine Blatt ist eine Erwerbung für die Sammlung, das andere verbleibt für einen längeren Zeitraum als Leihgabe in der Moritzburg. Beide Blätter werden ab dem 31. August im Westflügel der Moritzburg zu sehen sein.

Das umfangreiche zeichnerische Werk Gustav Klimts kann als wichtiger Schlüssel zum Verständnis des Malers gelten. So geht auch seinen Porträts zumeist eine umfangreiche Vorarbeit in Form von Skizzen voraus. Anders allerdings im Fall des Bildnisses der Marie Henneberg. Hier kennt die Forschung nur neun Zeichnungen. Von diesen befinden sich noch zwei in der Familie des Künstlers. Johanna Klimt (1873 -1950), die jüngste Schwester des Malers, hatte eine exzellente Sammlung von Zeichnungen ihres Bruder in ausgewählter Qualität  zusammengetragen. Diese sind bis heute im Besitz ihres Enkels Peter Zimpel verblieben.

Peter Zimpel und Museumsdirektorin Katja Schneider, Foto: Ralf LehmannDass die Zeichnungen nun in der Moritzburg ihren Platz finden, in der das  Gemälde der Marie Henneberg seit Jahrzehnten zu den Besuchermagneten zählt, macht diese Neuerwerbung für das Museum - in einem Jahr in dem ganz Europa Klimt feiert - zu einem besonderen Ereignis. Dies umso mehr als der Großneffe Klimts, als Vertreter der Familie des Künstlers, die Blätter persönlich Museumsdirektorin Katja Schneider überbracht hat. Peter Zimpel freut sich über den neuen Ort des Verbleibs und äußerte im Vorfeld: „… dass die Zeichnungen nun dort zu sehen sein werden, wo es Sinn macht und wo sie hingehören.“ 

Das 1902 vollendete Porträt Marie Henneberg hat im Oeuvre des Malers einen zentralen Platz, ist eines von nur zwei Gemälden des Künstlers  in deutschem Museumsbesitz und nimmt einen herausragenden Platz  in der Sammlung der Stiftung Moritzburg ein.

Gustav Klimt, Weibliche Studie, Marie Henneberg, im Lehnstuhl sitzend mit Hut, 1901, Bleistift auf Papier, © Archiv Moritzburg
Gustav Klimt, Weibliche Studie

Lyonel Feininger
Kirche von Gelmeroda, 1913

Bleistift auf Velin, 23,7 c 20,2 cm
unten rechts datiert „8 V 13“

Lyonel Feininger hatte die Kirche von Gelmeroda bereits 1906 für sich entdeckt. Das Motiv ist in der Folge für ihn zu einem zentralen Gegenstand seiner Auseinandersetzung mit neuen Ausdrucksformen geworden und findet sich nicht nur in Zeichnungen, sondern ebenso in der Malerei wie in der Druckgrafik wieder. Die Zeichnung von 1913 ist ein brillantes Blatt von hoher kompositorischer Dichte, das die spitz zulaufenden Formen der Unteransicht in weichen, fast melodischen Schwüngen des Umfeldes auffängt.

Dass dieses Blatt auf der Auktion Bassenge vom 02. Juni 2012 für das Grafische Kabinett ersteigert werden konnte, ist für die Stiftung Moritzburg nicht nur bedeutsam, weil es den reichen Bestand an Feininger-Werken in einem wesentlichen Zusammenhang ergänzt. Der emotionale Wert der Zeichnung erhöht sich vielmehr durch die Tatsache, dass sie sich ursprünglich im Besitz von Alois Schardt (1889 – 1955) befand, der von 1926 bis 1933 Direktor des Museums in der Moritzburg gewesen ist. Damit weist die jetzt erworbene Zeichnung auch direkt in den Kontext der Sammlungsgeschichte. Die Halle-Ansichten von Lyonel Feininger, die im Auftrag der Stadt zwischen 1929 und 1931 entstanden und einen Höhepunkt im Gesamtwerk des Künstlers darstellen, sind der Vermittlung Schardts zu danken gewesen, nachdem er die Beauftragung des Künstlers initiiert hatte. Die Beziehungen zwischen Schardt und Feininger gehören zu den Glanzpunkten der Museumsgeschichte in Halle.

Das ersteigerte Werk aus dem Besitz Alois Schardts befand sich zuletzt in einer Privatsammlung in New York.


Inge Rambow
Lunar Baedeker Buna, 1994-95


Cibachrome
Verbunden mit einer Schenkung der Künstlerin

Die chemische Fabrik Buna, 1936 zwischen Halle und Merseburg zur Gewinnung von Öl und Benzin aus Braunkohle erbaut, sollte Deutschland seinerzeit unabhängig vom Weltmarkt machen. Seit ihrer Gründung bis 1990 wurden auf einer riesigen Deponie die Ausflüsse der chemischen Produktion abgelagert, zu denen sich auch Reste der Konsumkultur gesellten.

Fotos von dieser Deponie bilden den Kern des über mehrere Jahre fortgeführten Projektes „Wüstungen“. Inge Rambow protokolliert Landschaft fotografisch als Formation der Geschichte, die in die Gegenwart hinein wirkt. Die Struktur von „Lunar Baedeker Buna“ folgt der Annäherung und dem Besteigen der Deponie bis zu ihrem Plateau. Schicht um Schicht zutage tretend, wird die Deponie zur Metapher für die Tiefe der Zeit und ihre Verwandlung in Erinnerung. Die Bilder wurden mit einer Panoramakamera in vollem Format fotografiert – ohne Ausschnitt oder nachträgliche Bearbeitung. Mit ihrer Mehrdeutigkeit bei zugleich präziser Beschreibung hinterfragt und radikalisiert Inge Rambow auch die heutige Landschaftsfotografie.


Jorinde Voigt
Akustisches Feld VI (Rhythmische Studie: Deklination doppelte akustische Impulse; Volume in %; Dauer in Sekunden; Loop), 2008


Bleistift, Tinte auf Papier, 140 x 140 cm

Die junge Zeichnerin Jorinde Voigt untersucht in ihren großformatigen Arbeiten die Komplexität des medialen Zeitalters, in dem sich Phänomene aus verschiedenartigsten Sphären begegnen, überlagern und durchkreuzen. Parallel zu einer gleichzeitig erarbeiteten Performance geht sie in dieser Zeichnung von vier akustischen Parametern aus, deren systematische Veränderungen sie in clusterartigen Einheiten aufzeichnet. Diese Einheiten werden dann wiederum, ihrer dynamischen Bewegung folgend, notiert, so dass sie einander in kreisenden, netzwerkartigen Strukturen überlagern und durchdringen.


Ulrike Grossarth
16 moving things, 2005


Videobildtableau
Aktion, Kostüme und Mitarbeit: Andreas Kempe, Ulrike Kampmann, Anke Zeißig
Maße variabel
Dauerleihgabe des Landes Sachsen-Anhalt

Das Werk von Ulrike Grossarth stellt die Frage nach der Präsenz des Körpers in raum-zeitlichen Prozessen. Die in einem Videotableau aufgezeichnete, in voller Länge 90 Minuten dauernde Aktion zeigt drei stille, als Könige zu deutende Gestalten, die in ununterbrochener, absichtsloser Bewegung ohne Kollisionen Gegenstände auf einem Podest vor sich verschieben. Diese Handlung beruht auf einem Zustand sich offen haltender Konzentration und gegenseitiger Achtsamkeit. Sie befreit sich aus der Hierarchie zielgerichteten Wollens. Geist und Körper werden zu einer Einheit, Zeit wird zu Gegenwart.


Hanns Schimanski
Ohne Titel, 2007


Faltung, Tusche, Gouache, Grafit, 93,5 x 125, 9 cm
Schenkung des Künstlers
Ohne Titel, 2007
Faltung, Tusche, Gouache, Kreide, 93 x 121 cm

Hanns Schimanski führt in seiner Arbeit einen permanenten Diskurs über Zeichnen als künstlerisches Handeln. In Reihen und Gruppen entstehen logisch und kontinuierlich voneinander hergeleitete Arbeiten. Die großformatigen Faltungen sind aus beidseitig eingestrichenen, in Längs- und Querrichtung eng gefalteten Bogen entstanden, die aufgefaltet mit abstrakten Formen versehen werden. Erneut, diesmal aber großflächiger gefaltet, werden sie von gezeichneten Linien durchzogen, bei denen der Stift eher langsam gerollt als direkt geführt wurde. Die gleichwertig bearbeiteten Seiten, die der Künstler als Vorder- und Rückseite definiert, rühren aus der Balance von gewollter Gestaltung und akzeptierter Zufallskonstellation her. In ihrer körperlich-plastischen Präsenz bewahren sie energetisch auch die unsichtbar gewordenen Bereiche. Die abstrakten Blätter werden in ihrer künstlerischen Selbständigkeit zu Parallelformationen von konkreten Strukturen, wie sie etwa Landschaftsbilder zeigen.


Astrid Klein
Nadeshda (Hoffnung), 1987


Silbergelatineabzug von collagiertem und bearbeitetem Negativ, 245 x 380 cm

Die großformatige Fotoarbeit der Malerin Astrid Klein unterläuft die an Fotografie gestellte Erwartung, die Zeit in einem Augenblick zu bannen. Aus ihrem unergründlichen, zeitlosen Bildraum treten fragmentarische Spuren hervor: Relikte von Natur, menschlicher Gestalt und Sprache, an ihren Rändern angefressen vom Dunkel. Jenseits der optischen und historischen Perspektive und Bedeutung entsteht ein Raum, in dem die Hoffnung (Nadeshda) menschlicher Existenz, die im Dunkel vergeht, zur nie verlöschenden Erinnerung geronnen ist.


Lyonel Feininger
Christus am Ölberg


Luxusausgabe der ersten Bauhausmappe mit Holzschnitten