Wege der Moderne. Kunst in Deutschland 1900 bis 1945
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Das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) ist eines der bedeutenden Museen für die Kunst der Moderne in Mitteldeutschland. In seiner mehr als 130-jährigen Geschichte nahm es immer wieder eine besondere Position in der deutschen Museumslandschaft ein. In dieser Traditionslinie präsentieren sich die Sammlungen zur Kunst der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts fortan in einer vollkommen überarbeiteten und etwas Neues wagenden Zusammenstellung.
Die neue Dauerausstellung, die Werke aus vier Teilsammlungen des Museums berücksichtigt, ist in drei Bereiche gegliedert: Kunst 1900–1918 mit dem Schwerpunkt Expressionismus, Kunst 1919–1933 mit den Schwerpunkten Neue Sachlichkeit und Abstraktion, Kunst 1933–1945. Anhand dieser Abschnitte wird die Geschichte der Kunst der Moderne entlang der Museums- und Sammlungsgeschichte erzählt und vermittelt, wie die Direktoren in den unterschiedlichen gesellschaftlichen Systemen das Haus und seine Sammlungen prägten. Alle drei Bereiche präsentieren Werke der freien und angewandten Kunst gleichrangig miteinander – neben Gemälden und Plastiken werden, dem historischen Profil des 1885 als Museum für Kunst und Kunstgewerbe gegründeten Hauses entsprechend, Objekte des Kunsthandwerks sowie kleinplastische Medaillen ausgestellt. Auf diese Weise vermitteln die drei kunst- und zeitgeschichtlichen Abschnitte einen Eindruck von der Stilpluralität innerhalb der jeweiligen Epoche.
Das neu gestaltete offene Wandsystem bringt den einzigartigen Ausstellungsraum im ersten Obergeschoss des Westflügels der Moritzburg in neuer Form zur Geltung. Es öffnet den Bestand perspektivisch und weist über den Museumsbau hinaus, was u. a. durch die Öffnung der bislang zugesetzten Fenster zum westlichen Mühlgraben gelungen ist. Ebenso wurden bisherige Defizite in der Beleuchtung der Ausstellungsfläche durch ein neu etabliertes Lichtsystem behoben, sodass künftig alle ausgestellten Werke eine angemessene Präsentation erfahren. Auf diese Weise ist ein System von unterschiedlichen Wandverläufen, Blickachsen und Akzentuierungen entstanden, die Zusammenhänge ebenso wie Zäsuren nachvollziehbar werden lassen, die sich aus der Sammlungsgeschichte ergeben, sich aber auch in der Kunstgeschichte selbst abzeichnen.
Neben den bekannten und in den letzten Jahren stets gezeigten Sammlungs-Highlights wie den Gemälden von Gustav Klimt, Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff, Emil Nolde und Franz Marc sind auch die Werke von Max Beckmann und Paula Modersohn-Becker nunmehr im Westflügel der Motizburg zu sehen, ergänzt um Werke u. a. von Hermann Max Pechstein, Conrad Felixmüller, Otto Griebel und Otto Dix, die seit Längerem nicht mehr ausgestellt waren. Auch sind mit Gustav Weidnaz, Gerhard Marcks, Karl Völker, Richard Horn, Erwin Hahs u. a. wichtige Vertreter der halleschen Kunst der ersten Jahrhunderthälfte vertreten. Hinzu kommen neue Werke, die seit jüngstem die Sammlungen als Dauerleihgaben ergänzen, wie z. B. ein bedeutender Frauenkopf von Alexej von Jawlensky oder einzigartige Plastiken von Ernst Barlach, Georg Kolbe, Ewald Mataré und Emi Roeder. Eine Neuerung stellt zudem die Integration der Gemälde Lyonel Feiningers in die Dauerausstellung im ersten Obergeschoss des Westflügels dar.
Nur für kurze Zeit bis einschließlich 12. November 2017 ausgestellt ist das Aquarell „Abstieg“ (1925) von Wassily Kandinsky, das 1937 als „entartet“ beschlagnahmt wurde und im März dieses Jahres zurückerworben werden konnte. Ergänzt wird seine Präsentation um das Aquarell „Schwere Fläche“ (1925) aus der Anhaltischen Gemäldegalerie Dessau, einem der ganz wenigen modernen Werke, die vom Bildersturm der Nationalsozialisten in Dessau verschont blieben.
Eine Besonderheit und Herausforderung ist der Ausstellungsbereich zur Kunst 1933 bis 1945. Dieser ist für die permanente Sammlungspräsentation in einem Kunstmuseum in Deutschland etwas Neues. Offensiv präsentiert und thematisiert er sowohl die Kunst der durch die Nationalsozialisten verfemten Künstler als auch die der anerkannten Vertreter der neuen Staatskunst. Thomas Bauer-Friedrich, Direktor des Kunstmuseums, dazu: „Es geht darum, diese Werke nicht länger wegzusperren, sondern sie anhand ausgewählter Künstler und ihrer Arbeiten zu thematisieren und den Besuchern die Möglichkeit zu geben, im Vergleich beider Werkgruppen die Werke und Biografien der Künstler kennenzulernen und sich anhand der Objekt- und Textinformationen ein Urteil zu bilden über die Kunst und ihre Schöpfer im gesellschaftlichen Kontext der nationalsozialistischen Diktatur. Statt der bislang üblichen ausgrenzenden und schwarz-weiß-zeichnenden Präsentation von Kunst in dieser Zeit will ich zu einem differenzierteren Nachdenken über das Kunstschaffen in dieser unmenschlichen Diktatur anregen.“
Mittels der im Juni 2017 an die Jewish Claims Conference restituierten kunsthandwerklichen Objekte aus ehemals jüdischem Besitz, die das Museum weiterhin als Dauerleihgabe behält, werden auf der Objektebene auch die Folgen der nationalsozialistischen Politik thematisiert. Einzelne der bislang kaum ausgestellten Objekte sind in die neue Sammlungspräsentation dauerhaft integriert.
Mit dem neu gestalteten Ausstellungsteil geht das Museum als eines der wenigen Kunstmuseen in Deutschland offensiv mit seiner Institutions- und Sammlungsgeschichte im Rahmen einer Dauerausstellung um und spart nicht länger die „schwarzen Jahre“ der nationalsozialistischen Diktatur als blinden Fleck der Sammlungspräsentation aus.
Begleitet wird die neue Dauerausstellung von einem neuen Audioguide sowie von zahlreichen Veranstaltungen, von Vorträgen über Podiumsdiskussionen und Filmvorführungen bis hin zu thematischen Führungen sowie Lesungen und Konzerten. Weiterführende aktuelle Informationen zu den Veranstaltungen finden Sie fortlaufend auf unserer Website.
Ausführlicher berichten wir über die Moderne im Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) auf: hallomoderne.de
Über die Protagonisten der Moderne in Halle (Saale) informiert unsere Website: protagonisten.miggnet.de