Die Sammlung Fotografie

Das Kunstmuseum Moritzburg gehört zu den immer noch wenigen deutschen Kunstmuseen, die über eine eigenständige Sammlung von Fotografien verfügen. Derzeit umfasst die Sammlung annähernd 62.000 Stücke, daneben konnte eine Fachbibliothek von ca. 8.000 Bänden aufgebaut werden.

Nachdem das Museum schon während der 1970er Jahre eine Reihe von Ausstellungen internationaler künstlerischer Fotografie präsentiert hatte, ergab sich 1986 mit der Schenkung des Nachlasses des Schweizer Fotografen Hans Finsler (1891–1972) die glückliche Gelegenheit zur Begründung der Sammlung. Finsler hatte von 1927 bis 1932 die Fotoklasse an der halleschen Kunstschule auf Burg Giebichenstein geleitet und gehört zu den wichtigsten Protagonisten des Neuen Sehens, also der Avantgardefotografie der 20er Jahre. Damit war ein Schwerpunkt für das Sammeln und Ausstellen fotografischer Bilder gegeben, dem sich das Museum kontinuierlich widmet. So konnte u. a. auch der Nachlass von Finslers Schülerin und späterer Assistentin Gerda Leo für die Sammlung erworben werden sowie der nahezu komplette Nachlass von Heinrich Koch, ebenfalls Schüler Finslers und kurze Zeit dessen Nachfolger an der Burg Giebichenstein.

Einen weiteren Schwerpunkt stellt die ostdeutsche Fotografie seit 1945 dar. Kein anderes Kunstmuseum verfügt in diesem Bereich über vergleichbare Bestände. Dazu gehören vor allem zwei umfängliche Konvolute, die als Dauerleihgabe in die Sammlung kamen: das Bildarchiv des ehemaligen Fotokinoverlages Leipzig sowie die Bildersammlung der Gesellschaft für Fotografie im Kulturbund der DDR. Sammeln und Ausstellen von Fotografien ist hier von Anfang an international ausgerichtet. Besonders umfänglich sind die Bestände zur osteuropäischen Fotografie der Nachkriegszeit, die ebenfalls aus dem Fotokinoverlag stammen.

Mit der Übergabe der Studiosammlung des Fotoforums Kassel durch deren Gründer Floris M. Neusüß erfuhr die Sammlung eine bedeutende Erweiterung: westdeutsche und internationale konzeptuelle, medienreflektierende und inszenierte Fotografie seit den späten 1960er bis zu den frühen 1980er Jahren. Fotografie als Kunst wie Kunst mit Fotografie also, die sich in vergleichbarer Konzentration sonst nur in Stuttgart und Winterthur finden.

Ständig erworben werden Werke zeitgenössischer deutscher und internationaler Fotokunst, häufig im Zusammenhang mit Ausstellungen, die das Museum zeigt, oft in Kooperation mit anderen Häusern und als Wanderausstellungen.

Auf der Galerie oberhalb der Moderne Eins werden im Turnus von vier Monaten kleine Wechselausstellungen zur Fotografie mit jeweils eigenem thematischen Schwerpunkt gezeigt.

El Lissitzky, Konstrukteur. Selbstporträt mit Zirkel, 1924, Modern Print Montage, 228 x 163 mm
El Lissitzky, Konstrukteur. Selbstporträt mit Zirkel, 1924
Arno Fischer, Müritz, 1956, Silbergelatine, 39 x 53 cm, ©Nachlass Arno Fischer


Arno Fischer, Müritz, 1956
Evelyn Richter, Selbstinszenierung, TU Dresden, um 1952, Silbergelatine, 450 x 357 mm, Foto: Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) © VG Bild-Kunst, Bonn 2018
Evelyn Richter, Selbstinszenierung, TU Dresden, um 1952