Sinnbild der "Saaleromantik" über 350 Jahre: der ruinöse Westflügel über der Saale, Foto um 1950
Sinnbild der "Saaleromantik" über 350 Jahre: der ruinöse Westflügel über der Saale, Foto um 1950

Die Bau- und Nutzungsgeschichte der Moritzburg

Die Moritzburg in Halle zählt zu den eindrucksvollsten spätmittelalterlichen Burganlagen Mitteldeutschlands. Sie wurde um 1500 als prunkvolle und zugleich wehrhafte Residenz der Magdeburger Erzbischöfe am Rand der erst wenige Jahre zuvor unterworfenen Stadt errichtet.
Den Grundstein der Moritzburg legte 1484 Erzbischof Ernst von Sachsen (1476-1513). 1503 war der Bau weitgehend vollendet. Unter Erzbischof Ernsts Nachfolger Kardinal Albrecht von Brandenburg (1490-1545) erhielt die Moritzburg eine überaus repräsentative Ausstattung mit reichen Holztäfelungen, prachtvollen Kachelöfen, prunkvollen Teppichen, Wandmalereien und kostbaren Gemälden der großen Künstler der Zeit, darunter Cranach, Grünewald und Dürer. Im West- und Nordflügel der Burg, in denen heute die neuen Museumsräume eingerichtet sind, befanden sich die erzbischöflichen Staatsgemächer sowie private Wohn- und Arbeitsräume.
Der Name der Moritzburg leitet sich von dem Schutzpatron des Magdeburger Erzbistums, dem Heiligen Mauritius, ab. Typologisch ist sie zwischen wehrhaftem Festungsbau und repräsentativem Residenzschloss einzuordnen. Während sich die einzelnen Flügel der Burg zum Hof hin mit großen Fenstern und Portalen in spätgotischer Formensprache öffneten, waren sie nach außen mit ihren Zwerchhäuser mit Welschen Giebeln und doppelten Giebelkränzen an den Türmen bereits der Renaissance verpflichtet.
Als mächtige, von einem tiefen Graben umgebene Zwingburg erhob sich die Moritzburg mit ihren Türmen einst weithin sichtbar über der Saale. Ihre vierflügelige, leicht trapezförmige Anlage hat eine Ausdehnung von 72 x 85 Metern. Sie wird an ihren Ecken von Rundtürmen gefasst, die ursprünglich hohe Spitzhelme trugen. Zur Stadtseite hin wurden diese Türme als niedrige, wuchtige Kanonenbastionen ausgebildet und durch eine Schildmauer mit Wehrgang verbunden, zur Saale hin gaben sie sich schlank und aufragend, da sie nur Schießkammern aufzunehmen hatten.
Ursprünglich besaß die Burg zwei Zugänge: ein Hauptportal an der Nordseite, das durch ein Wappenrelief des Bauherrn und eine verloren gegangene Statue des Heiligen Mauritius geschmückt war und später geschlossen wurde, und ein Nebenportal als Stadtzugang im Ostflügel, über dem die Figur der Heiligen Katharina steht. Dies ist heute der einzige Zugang zu Burg und Museum.
1531, keine drei Jahrzehnte nach Vollendung der Moritzburg, begann Kardinal Albrecht südlich des Domes einen „neuen Bau“ mit einem vorgelagerten „Lustgarten“ als zweite Residenz. Mit dieser „neuen Residenz“ schlossen sich Moritzburg und Dom zu einem einzigartigen Renaissance-Ensemble zusammen, das sich eindrucksvoll über der Saale erhob.
Auf Kardinal Albrecht, der 1541 unter dem Druck der Reformation Halle verließ und seinen gesamten kostbaren Besitz mitnahm, folgten weitere Erzbischöfe sowie protestantische Administratoren als Nutzer der Moritzburg. Im Dreißigjährigen Krieg wurde sie unbewohnbar. Ihre Besetzer, darunter Albrecht von Wallenstein und der kaiserliche Feldherr Tilly, wechselten vielfach. Während einer Belagerung im Winter 1637 brach eine Feuersbrunst aus, die den gesamten West- und Nordflügel zerstörte. 1639 folgte die Sprengung der Süd-Westbastion. Die zerstörten Gebäudeteile wurden nicht wieder aufgebaut. In den folgenden Jahrhunderten ging die originale Ausstattung fast vollständig verloren.
1680 fiel die Moritzburg durch die Bestimmungen des Westfälischen Friedens an den Großen Kurfürsten von Brandenburg. 1717 hielt das preußische Alt-Anhaltische Regiment unter dem Alten Dessauer in Halle Einzug. Das 1777 zwischen Torturm und Kapelle errichtete Lazarettgebäude, in dem sich heute die Museumsverwaltung befindet, ist das bauliche Zeugnis dieser neuen Nutzung als Garnison.
In der Romantik richtete sich der Blick wieder auf die Moritzburg, deren Verfall immer bedrohlicher wurde. 1829 schuf Karl Friedrich Schinkel einen nicht verwirklichten Entwurf zum Ausbau der Burgruine als Universitätsgebäude, der eine neogotisch-klassizistische Überbauung der gesamten Anlage vorsah. Erst nachdem die Einsturzgefahr der Moritzburg immer bedrohlicher wurde, entschloss man sich kurz vor 1900, den Nordflügel für das Institut für Leibesübungen der halleschen Universität mit einer Turn-, Gymnastik- und Judohalle sowie Fechtsälen auszubauen; auch die Maria-Magdalenen-Kapelle ging damals in die Nutzung der Universität über und erhielt 1898 ein rekonstruiertes Netzgewölbe. Das Heidelberger Schloss stand Pate bei den Überlegungen, die Moritzburg neu zu erschließen und damit zugleich die Bauten der Renaissance in Halle ins Bewusstsein zurückzuholen.

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Lageplan und Grundriss der Moritzburg um 1550
Lageplan und Grundriss der Moritzburg um 1550
Ansicht der Burg um 1600 von Westen
Ansicht der Burg um 1600 von Westen
Katharina über dem östlichen Torturm
Katharina über dem östlichen Torturm
Modell der zerstörten Moritzburg, Blick auf die Nordwestecke, Modell TU Berlin, Kriegsverlust
Modell der zerstörten Moritzburg, Blick auf die Nordwestecke, Modell TU Berlin, Kriegsverlust
Innenhof: von links nach rechts: Nordflügel, Maria-Magdalena-Kapelle, Lazarettgebäude, Torturm, östlicher Wehrgang, 2010
Innenhof: von links nach rechts: Nordflügel, Maria-Magdalena-Kapelle, Lazarettgebäude, Torturm, östlicher Wehrgang, 2010
Innenansicht der historischen Turnhalle, 1896
Innenansicht der historischen Turnhalle, 1896
Innenansicht der Maria-Magdalena-Kapelle, um 1955
Innenansicht der Maria-Magdalena-Kapelle, um 1955